Positionierung in Zeiten der Digitalisierung, Innovationen und neuer, digitaler Geschäftsmodelle
Was versteht man unter Positionierung im Marketing?
Positionierung ist das strategische Schaffen und Steuern einer gewünschten Wahrnehmung eines Produktes, einer Dienstleistung, einer Marke oder eines Unternehmens in der Zielgruppe oder Personas. Dabei soll die Wahrnehmung der möglichen KäuferInnen auf die Einzigartigkeit des Angebotes fokussieren. Also den Zielgruppen einen Grund geben, sich für eben dieses Angebot im Umfeld von Kauf-Alternativen (Prefered Set) zu entscheiden. Diese inhaltliche, strategische Positionierung, stellt dann die Speerspitze der Kommunikationsstrategie dar, die in Marketing und Vertrieb umgesetzt wird.
Positionierung steht aber auch für die Sichtbarkeit eines Angebotes in einem gewünschten Umfeld oder zu einem gewünschten Thema. Zum Beispiel die Suchmaschinenoptimierung auf einen Begriff im Online Marketing, die Teilnahme an einer Messe oder einer Anzeige in einem Magazin. Die Positionierung ist demnach heute in der neuen Digitalität zu betrachten.
Das Schaffen und Steuern der Wahrnehmung verleitet dabei so manche zur Manipulation. Es wird eine Positionierung kommuniziert, die das Angebot anhand dessen Leistungsinhalte gar nicht einnehmen kann. Denken wir zum Beispiel an das „Greenwashing“, dass derzeit so beliebt ist.
Deswegen steht die Positionierung im Markenpuls® Modell immer in Wechselwirkung mit den tatsächlichen Leistungseigenschaften.
Neue Einflüsse für die Positionierung im Marketing
Die Begriffe Digitalisierung und Marketing führen uns gedanklich zunächst zu Analyse-Tools, Big Data und zum Online-Marketing. Doch die Digitalisierung greift schon viel früher ins Marketing ein. Beim Punkt Positionierung.
Die Digitalisierung verändert die Leistungsinhalte sowie die Art und Weise der Leistungserbringung unserer Produkte, Services, Marken und Unternehmen. Es werden Innovationen, neue Wertschöpfungsketten und neue, digitale Geschäftsmodelle möglich.
Bisherige Positionierungsmodelle greifen hier nicht mehr. Sie sind für agile Unternehmen zu statisch und für Startups einfach nicht umsetzbar, weil zu aufwändig.
Hier möchte ich aufzeigen, wie durch Positionierung 4.0, die Positionierung heute dennoch gelingt oder besser gesagt, den Markterfolg wesentlich mitbestimmt.
Da die Intension bei Produktpositionierung, Markenpositionierung und Unternehmenspositionierung die Gleiche ist, wird in diesem Artikel nicht unterschieden.
Was ist Ziel und Zweck neuer, digitaler Geschäftsmodelle und Innovationen?
Die Begriffe Digitalisierung und Marketing führen uns gedanklich zunächst zu Analyse-Tools, Big Data und zum Online-Marketing. Doch die Digitalisierung greift schon viel früher ins Marketing ein. Beim Punkt Positionierung.
Das Ziel neuer, digitaler Geschäftsmodelle und Innovationen ist es, Anwendungen, Produkte und Dienstleistungen völlig neu zu denken und dadurch neue Kategorien in bisherigen Waren- oder Produktsegmenten zu schaffen. Hierzu wird methodisch alles tabulos hinterfragt.
Im Idealfall ergeben sich dadurch völlig neue Alleinstellungsmerkmale die eben nicht in branchenüblichen, althergebrachten Positionierungsräumen darstellbar sind. Dadurch ergeben sich auch gänzlich neue Anforderungen an die Methode zur Positionierung am Markt.
Positionierung 4.0 –
Innovationen innovativ positionieren – statt herkömmlich.
Was sind die zu untersuchenden Alleinstellungsmerkmale?
Bei der Positionierung von Innovationen ist es zunächst die Herausforderung, den möglichen Positionierungsraum zu bestimmen. Gebildet wird der Positionierungsraum durch die ihn definierenden Achsen. Diese Achsen können wir als Alleinstellungsmerkmale bezeichnen (Anm.: In der Literatur findet man auch die Bezeichnungen Positionierungsoptionen oder Positionierungsdimensionen)
Dabei ist es wichtig, dass diese zu untersuchenden, möglichen Alleinstellungsmerkmale authentisch sind – also auch tatsächlich einnehmbar sind.
Wie werden die Positionierungsräume ermittelt?
Positionierungsräume werden von der Marktforschung erhoben und zeigen die branchenüblichen, kaufentscheidenden Alleinstellungsmerkmale jener Warengruppe als Achsen. Anbieter dieses Warensegmentes versuchten nun, innerhalb dieses Raumes jene Position zu besetzen, in welchen sie sich vom Wettbewerb differenzieren.
Problem Nr. 1: Zu teuer und zu wenig agil
Die meisten Unternehmen können sich eben diese Marktforschung nicht leisten. So zum Beispiel Startups, die sich mit der Positionierung in einer Phase beschäftigen müssen, in der quasi kein Geld vorhanden ist. Ein Lichtblick sind hier Online-Tools zu Marktforschungszwecken. Alternativ, aber selten, greifen Unternehmen auf Studien zurück um herauszufinden, was denn die kaufentscheidenden Merkmale sind.
Aus diesem Grund werden in den meisten Unternehmen Positionierungsräume und Alleinstellungsmerkmale herangezogen, die aus interner Sicht wichtig sind. Ob sie es auch im Markt tatsächlich sind, bleibt dahingestellt. Die Praxis sagt eher nein. Dasselbe Problem ist vakant, wenn rein kreative Ansätze zur Positionierungsfindung herangezogen werden und keine qualifizierte Analyse auf deren Alleinstellungspotenzial erfolgt.
Problem Nr. 2: Es fehlt die Authenzität
Oftmals hinkt die Leistung inhaltlich der Positionierung hinterher, da sie vom Angebot nicht bewerkstelligt wird. Die Leistungsinhalte werden inhaltlich nicht an die Marktpositionierung angepasst und umgekehrt, wenn die Marktpositionierung nicht an neue Leistungsinhalte angepasst wird.
Leider ist es in der Unternehmensberatung zu beobachten, dass noch viele Unternehmen an diesem Vorgehen festhalten.
Eine Soll-Positionierung ohne entsprechende Leistungsinhalte bringt heute ein sehr großes Risiko mit sich. Die Folgen können unzufriedene Kunden sein, da das Nutzen und Wertversprechen nicht eingehalten wird. Es folgen schlechte Bewertungen, geringe Wiederkaufraten und weniger Neukunden als Konsequenz.
Spätestens dann ergibt sich Problem Nr. 3: Konfliktpotenzial zwischen Marketing und Vertrieb
Jene Fachbereiche, die eigentlich intensiv Hand in Hand arbeiten sollten, kommunizieren unterschiedliche Inhalte. Das ist nicht im Sinne der Marke!
Eine gemeinsame Analyse der Positionierung von Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb ist ein wesentlicher Prozessschritt im Unternehmen um Konflikte zwischen den Fachbereichen aufzulösen! Und aus der Sicht der Kunden ein Angebot zu bieten, das das Versprechen hält.
Problem Nr. 4: Mehr vom Gleichen
Unabhängig von den oben beschrieben Schwierigkeiten bringt die Orientierung an den, für ein bestimmtes Warensegment herkömmlichen Positionierungsräumen, keine Innovationen hervor.
Die Folge sind eine Fülle vergleichbarer Produkte, Marken oder Unternehmen, die sich alle innerhalb gleicher oder ähnlicher, althergebrachter Positionierungsräume positionieren. Dieser Ansatz kann also maximal leichte Veränderungen oder inkrementelle Innovationen hervorbringen.
Gelingt es dennoch Innovationen hervorzubringen, erfolgt die Kommunikation zumeist anhand altbekannter Merkmale. Das verschleiert den Innovationsgrad und lässt das Angebot erst recht ähnlich mit bestehenden Angeboten erscheinen. Das Ergebnis ist demnach das Gegenteil der eigentlichen Vision, ein völlig neues Alleinstellungsmerkmal zu etablieren.
Apropos Kunden –
Positionierung in Zeiten der Käufermärkte
Im digitalen Zeitalter bestimmen die Käufer, was und wo sie kaufen. Käufer sind heute bestens informiert, haben eine klare Erwartungshaltung und suchen sich jene Produkte, Marken und Unternehmen aus, die diesen Erwartungen entsprechen und vor allem dann auch einhalten. Die Kunden haben sich emanzipiert. Vielleicht ist diese Emanzipation der Kunden gerade durch die Gleichheit von Produkten, mit denen wir sie konfrontieren, entstanden.
Fazit
Innovationen entstehen durch das Sprengen bekannter Denkmuster. Warum sollen sie dann in althergebrachten Positionierungsräumen abgebildet werden?
Kundenzentrierte, problemlösungsorientierte und agile Entwicklungsprozesse bedürfen neuer Methoden zur Analyse der Positionierung. Sie müssen disruptive Innovationen und digitale Geschäftsmodelle unterstützen.
Die Lösung mit Positionierung 4.0
Neue Alleinstellungsmerkmale entwickeln und analysieren
Wenn Produkte, Services und Marken aus kundenzentrierten Prozessen heraus entstehen, also die Lösung eines funktionalen oder emotionalen Problems die Basis der Entwicklung war, sollen genau jene Leistungsinhalte die das Problem lösen, die zu untersuchenden Alleinstellungsmerkmale bilden.
Der Ansatz ist es nun zu untersuchen, welcher Nutzen und emotionale Gewinn für die Zielgruppe dadurch ermöglicht wird. Und für welche Werte dieser emotionale Gewinn steht. Es erfolgt also eine Transformation der Leistungsinhalte in den zu erwartenden Nutzen und den dadurch ausgelösten emotionalen Gewinn. (Abb.2)
Warum die Gliederung in Leistungsinhalt, Nutzen und emotionaler Gewinn wichtig ist, habe ich im Artikel Positionierungsanalyse beschrieben.
Daraus ergeben sich drei Positionierungsräume (Abb:2) für:
-) die Leistungsinhalte
-) den Nutzen (der spätere USP – unique selling proposition)
-) die Werte – emotionaler Gewinn (der spätere UVP – unique value proposition)
In der Regel besteht eine Problemlösung jedoch nicht aus einem einzigen Leistungsinhalt sondern aus mehreren – also einem Set von Leistungsinhalten. Wird nun jedem Leistungsinhalt ein Nutzen, und daraus folgend jedem Nutzen ein emotionale Gewinn zugeordnet, ergibt sich ein Set von Leistungsinhalten, Nutzen und emotionalen Gewinnen (Werte), die jeweils potenzielle Alleinstellungsmerkmale sind. (Abb.2)
Jeder Leistungsinhalt, Nutzen oder emotionale Gewinn bildet nun eine Positionierungsachse im jeweiligen Positionierungsraum (siehe Abb.3). Die Anzahl der Leistungsinhalte, Nutzen und Emotionen entsprechen der jeweiligen Anzahl der Achsen.
Mit dieser Methode werden demnach völlig neue Alleinstellungsmerkmale zu einer Warengruppe entwickelt und analysiert. Die Entwicklung der Positionierung erfolgt ohne bekannter, herkömmlicher Positionierungsräumen und –optionen. Das ist die Basis dafür, Innovationen auch innovativ zu positionieren.
Bei der eigentlichen Positionierungsanalyse gilt es nun, jenen Leistungsinhalt, Nutzen und jenen emotionalen Gewinn (Wert) herauszufinden, der in den Zielgruppen die höchste Wertschätzung besitzt und gleichzeitig größtmöglich vom Wettbewerb differenziert– also kaufentscheidend ist.
Um diese Analyse durchführen zu können, wurde ein branchenunabhängig einsetzbares Positionierungsmodell 4.0 entwickelt. Es bildet den methodischen Rahmen hierfür.
Die Ableitung der Zielgruppen und des Mitbewerbs sowie der komplette Analyseprozess wird im Artikel Positionierungsanalyse in meinem Online Tool zur Positionierung beschrieben.
Positionierung als Schnittstelle zwischen Produkt- und Strategieentwicklung
Die Marktsimulation
Die Analyse der möglichen Positionierung liefert wertvolle Erkenntnisse in Richtung der Produktentwicklung zurück. Sie ist demnach eine schnelle und sparsame Methode um die Produktidee, Geschäftsidee oder auch ein MVP (Minimum Viable Product = erster einfacher Prototyp) einmal im Marktumfeld zu simulieren.
So werden erste Thesen zum Markt wie Attraktivität in den Zielgruppen, Differenzierung zum Mitbewerb und Preissensibilität auf Leistungs-, Nutzen- und Werteebene qualifiziert – also bestätigt oder eben auch nicht. Noch bevor aufwändige Schritte in den Markt gesetzt werden. Diese neuen Erkenntnisse können, im Sinne einer agilen Entwicklung, zu Änderungen der Leistungsinhalte führen, um eine gewünschte Positionierung zu erreichen.
Agile Entwicklungsprozesse benötigen agile Methoden zur Strategieentwicklung.